Der Dalben muss bleiben
Langsam steigt die Sonne über der Segelschule in den Himmel. Die Vögel zwitschern in den Bäumen und der Wind streicht durch die Blätter. Pfeiffix kommt gerade von seinem allmorgendlichen Powerwalk von der Seebrücke zurück, die beiden Nordic-Walking-Stöcke berühren kaum den Boden, so viel Power hat er heute Morgen. Er kommt auf das Gelände und zwingt sich dazu, die ebenfalls allmorgendliche Keksspur – sowie die hinter dem nächstgelegenen Baum hervordringenden Mampfgeräusche – zu ignorieren: Keksx…äh Dietrix hat mal wieder zugeschlagen.
Schmunzelnd dreht sich Pfeiffix zum Steg und schaut dabei zu, wie die Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke stoßen. Ein Lichtstrahl ist genau auf den vordersten Menhir gerichtet – fast so, als würde da oben jemand finden, dass es sich hier um eine besonders wichtige Errungenschaft der Menschheit handelt, die auch entsprechend in Szene gesetzt gehört. Zustimmend nickt Pfeiffix gen Himmel, das sieht er ganz genauso.
Während Pfeiffix noch versonnen auf die kleine Menhirflotte blickt, die im frühen Sonnenlicht vor sich hin gauckelt, wacht die Segelschule langsam auf. Jeder hat hier sein eigenes Morgenritual:
Eine Traube von Schülerinnen hat sich gebildet, alle sind etwas ratlos, was ihnen jetzt bevorsteht. Schraubnix versucht unbeteiligt aufs Wasser zu schauen, wird aber schnell als mögliche Ansprechperson identifiziert. Als ihm klar wird, dass gerade alle Augen auf ihn gerichtet sind, macht er ganz leise „Brumm, Brumm“ und greift mit geübtem Handgriff nach seinem Schellfon und bedeutet den Schülern nur, dass sie sich an HelliHansix wenden sollen. Aus der Rauchwolke zu seiner linken hat man bisher nur vereinzelte Kaffeeschlürfgeräusche gehört, die jetzt – da sich die Schüler der Wolke zuwenden – plötzlich lauter und lauter werden. Der Nebel teilt sich und offenbart HelliHansix, umgeben von leergetrunkenen Kaffeetassen. Mit Unterstützung des fünften Kaffees hebt er langsam die Augenlider. An den schwarzen Ringen unter seinen müden Augen lassen sich die Zaubertrankgläser des letzten Abends einzeln abzählen.
Zwei Sekunden bevor es losgehen soll, taucht Katamaranix auf und gibt sich größte Mühe, gerade unglaublich beschäftigt auszusehen – leider ist er nicht besonders gut darin. HelliHansix erkennt seine Chance und verweist die Schüler an Katamaranix, der dank seiner Körpergröße im Getümmel nur schwer zu übersehen ist.
Aus dem großen Schlafsaal dringt das tiefe Schnarchen von Wachtmeisterix. Alle bis auf seine Freundin Nuschella sind längst getürmt. Dank Spezialkur von Kartentrix konnte Wachtmeisterix Schnarchen zwar wesentlich heruntergeschraubt werden – gegen die Folgen einer langen Zaubertranknacht ist aber bislang noch kein Mittel bekannt…außer Zaubertrank.
Plötzlich erfüllt ein ohrenbetäubendes Kreischen die Luft, gefolgt von einem donnernden Aufprall. Für einen Moment steht das emsige Treiben still. „Das kam aus der Dalbenbucht“, ruft Lautix, „wir brauchen sofort das Bergeteam Bennewitz!“. Ohne auch nur einen Moment zu überlegen, rennt Partimaschinix los, greift sich die nächste Soundbox und verbindet sie panisch mit seinem Handy. Mit nassgeschwitzten Händen tippt er darauf herum. Er findet was er sucht und drückt den Knopf. Die Titelmelodie des Films „Ghost Busters“ schallt in Maximallautstärke über das Gelände: „Du du dum dub du dum duuu dub, du du dum dum du du dub du dum“. Erleichtert lehnt sich Partimaschinix zurück und wischt sich den Angstschweiß von der Stirn. Sein Job ist erfüllt.
Das Signal ist erteilt, die Leuchtfeuer von Gondor brennen. Das Bergeteam Bennewitz macht sich zum Auslaufen bereit. Entrecotix und Filetix stürmen wild drauf los. Niemand wusste, dass sie überhaupt da sind. Anscheinend standen sie schon länger hinter der Hausecke herum und haben auf ihren Einsatz gewartet; zumindest sind sie mit ihren blauen Helmen und gelben Sicherheitswesten überraschend gut auf die Situation vorbereitet. „Hab ich da Bergeteam gehört?“; Filetix kann es kaum erwarten. „Alaaaarm, Alaaaaarm“, grölt Baunix im Hintergrund. „Wir brauchen unbedingt noch ne Leine“, schreit jemand, „wir haben jedes Mal eine Leine zu wenig!“. „Leine, Schmeine,“ kontert Entrecotix gekonnt souverän, er klettert ins Boot, „hier drin ist auf jeden Fall aber keine Leine“, stellt er mit professionellem Blick fest. Betretenes Schweigen. „Das hatten wir.. also.. ich glaub, das war..,“ stammelt Hauptschulix, „also beim Angeln gestern Abend war die noch da“.
Rückblick:
Majestätisch gleitet das Longboot an der Nordtonne vorbei. Neben den gewaltigen Felsen Fehmarns gleitet die Sonne langsam in das feuerrote Meer. Kartentrix Blick ist fest auf das Wasser gerichtet. Seine Augen funkeln „Das wird ne aalglatte Rutsche heute,“ eurphorisch wirft er seine Angelrute ins Wasser. Hauptschulix will etwas Geistreiches erwidern, doch bevor er etwas sagen kann, fährt ihm die gesamte Besatzung über den Mund: „Klappe, fürs Angeln brauchen wir absolute Ruhe“. Die folgende Stille wird nur von Eros Ramazotti unterbrochen, dessen sanfter Italo-Pop einzig erlaubtes Hilfsmittel bei dieser Angeltour ist. „Haben wir eigentlich schon nen Anker geworfen“, fragt Lautix, als ihm auffällt, dass die Nordtonne, mittlerweile in weite Ferne gerückt ist. Als er keine Reaktion bekommt, gibt er das Kommando: „Ankerleine werfen!“. Hauptschulix, wie immer um vorauseilenden Gehorsam bemüht, erwidert nur „Ist klar, Chef“, und macht sich ans Werk.
Etwas betreten blicken die Insassen des Bootes der Ankerleine hinterher, die langsam im dunklen, kalten Wasser verschwindet. „Hattest du da nen Anker dran gemacht oder die am Boot festgemacht?“, fragt Lautix noch, aber eigentlich kennt er die Antwort schon. „Das ist ne Dublette dran“, schreit Kartentrix plötzlich und versucht, Cabrionella die zuckende Angel aus der Hand zu reißen.
Noch bevor irgendein weiteres Kommando gefallen ist, rennt Tanknix los, schnappt sich den nächstbesten Benzinkanister und fängt an zu pumpen. Währenddessen bewaffnen sich die anderen mit allem, was sie in die Finger bekommen können. „Nehmt alles mit, was wir brauchen“, ruft Pfeiffix ihnen von oben aus seinem Fenster zu. „Geht klar, Chef,“ schallt es ihm von unten aus tausend Kehlen entgegen. Neben dem Longboot bildet sich eine Schlange. Dicht an dicht sind Jollis und ihre Ausrüstung aneinander gedrängt. Kannjagarnix fällt fast vom Steg und wird gerade noch von Baggerix an der Schwimmweste festgehalten. „Zum Glück hast du die an, wah?!“, lässt sich von der Lästerbank vernehmen. Schraubnix und Softix haben es sich dort gemütlich gemacht und kommentieren das Geschehen nach bester Waldorf-und-Stadler-Manier.
„Das gibt ne Flasche Wein“, ruft Pfeiffix plötzlich aus seinem Fenster. Er hat den Run auf den Steg durch sein Fenster genau beobachtet und nur darauf gewartet, dass einer der Jollis ohne Schwimmweste seinen Fuß auf den Steg setzt. Der Angesprochene dreht sich betreten um – wenn es um gratis Wein geht, kennt der Chef kein Pardon.
Auf der Lästerbank sitzen derweil Dietrix und Astralla und schließen Wetten darüber ab, wer wohl zuerst zurückgelassen werden muss. „HelliHansix“, schlägt Astralla vor, „der tut sich bestimmt wieder in den ersten fünf Minuten auf irgendeine richtig dumme Art weh“. „Verdammt,“ entfährt es Dietrix, „auf den wollte ich eigentlich setzen.“
Motorella steht neben dem Longboot und wählt anhand der Ausrüstung aus, wer mitkommen darf. „Rum – super, Anker – hol mal lieber noch nen dritten, Bootshaken – prima, 2 Pützen – perfekt, Harpune – joa, warum nicht, besser haben als brauchen, Schleppnetz – brauchen wir vielleicht um was an die Harpune dran zu machen,“; Motorella hat alle Eventualitäten im Blick. Leopardella versucht eine Lavalampe an ihr vorbeizuschmuggeln, wird aber bemerkt. Mittlerweile ist das Longboot ganz schön voll. „Los, zack, zack, wir müssen jetzt raus da“; Entrecotix steht am Motor und will endlich los. Der blaue Helm und die gelbe Sicherheitsweste prädestinieren ihn als Anführer – eine gute Anschaffung.
Mit einigem Tiefgang läuft das Longboot langsam aus der bennewitzschen Bucht aus. Mittlerweile ist eine leichte Rauchspur aus der Dalbenbucht zu erkennen. Als sie grade an der Werft ins Fahrwasser fahren wollen, kommt ihnen die „Seho II“ entgegen. Nach dem Untergang der letzten „Seho“ infolge der Regatta um die Segelschule, haben sich die Eigner dieses Mal für das Modell „Eisbrecher“ entschieden – in der bennewitzschen Bucht weiß man ja nie. Anscheinend eine gute Wahl: Bis auf ein paar Kratzspuren an Steuerbord ist kaum zu erkennen, dass es hier anscheinend gerade eine Kollision gegeben hat. Hinter der „Seho II“ erkennen die Jollis den Dalben. Das Heck einer Open-60-IMOCA ragt aus der Seite – anscheinend ist es dem anderen Kollisionsteilnehmer weniger glimpflich ergangen. „Das ist doch das neue Boot von Borus Hermanus“, ruft Analogix und bringt schon mal seine gute Leica in Position. Während das Longboat sich langsam dem Dalben nähert, knarzt und ächzt es im Holz des Dalbens. Zuerst langsam und dann schneller und immer schneller neigt sich der Dalben zur Seite und kippt auf das eingeklemmte Boot. Vom Heck des Bootes scheint ein schneller Schatten in das Wasser zu springen. Dann kracht der Dalben auf den Mast der IMOCA und begräbt das Boot unter sich. Blubbernd versinken Dalben und IMOCA in den Tiefen der Bucht. Kurz darauf sind beide im Abyss verschwunden.[NK1]
Prustend taucht Borus Hermanus aus dem Wasser neben dem Longboot auf. „Wir brauchen sofort ne Leine“, ruft Entrecotix seiner Besatzung zu. Großes Gedränge setzt ein aber leider hat niemand eine Leine mitgenommen. Etwas ratlos schauen die Jollis zu, wie sich die Schwimmweste von Borus Hermanus aufbläst und ihn neben dem Longboot hertreibt. Da kommt Pharmakologia die rettende Idee: „Nehmt doch das Schleppnetz, den Anker und die Harpune. Dann bauen wir damit ne Notfallleiter“. Gesagt getan, kurze Zeit später sitzt ein erschöpfter Borus Hermanus im Longboot und wird von den Jollis umringt. „Die See, die See See..die Seeho“, stammelt er vor sich hin. Mit geübtem Handgriff reicht ihm Kartentrix eine Tasse Zaubertrank: „Korn bringt dich nach vorn, mein Freund. Mein lieber Scholli, das war ja n ganz schöner Knall“.
Nur wenig später läuft das Bergungsteam, begleitet vom ACDC-Klassiker „Thunderstruck“ und einem geknickten Borus Hermanus wieder am Steg ein. Schnell werden alle Bergungsmaterialien verstaut (O-Ton BMW-Tix: „Zum Glück hatten wir die Harpune dabei, da hätte ja sonst was passieren können“) und die versammelte Truppe trifft sich vor dem Zelt des Häuptlings. Erst jetzt wird den Jollis klar, was da eigentlich gerade passiert ist: Der Dalben ist weg!
„Wie sollen wir denn ohne Dalben in Zukunft unsere Segelschüler loswerden“, kommt es von Chillischotix, der um sein pädagogisches Konzept fürchtet, „wo soll ich denn jetzt meine nervigen Schülerinnen absetzen?“. Der Dalben war seit jeher eine Institution unter den Jollis. Jede einzelne hier kann ihre eigene Geschichte dazu erzählen. „Erinnerst du dich noch an die Opti-Regatta Rund Fehmarn von ´85?“, fragt Faltbootix seinen Sohn (Jahrgang 2005). Mäckdonnix schaut ihn verständnislos an. „Wir waren seit fünf Tagen unterwegs, ich hatte seit einem Monat nicht geduscht,“ fährt sein Vater fort, „ich war auf Platz zwei von siebenhundertundzehn. Ich war schon seit siebzehn Stunden in einer Tour am Friggen – so ´ne scheiß Flautenregatta. Ich bin kurz vor dem Dalben und will schon meine Siegespepsi aufmachen. als plötzlich der Olifant direkt vor mir auftaucht. Ich kann nur noch die Pinne rumreißen, fahre gerade so am Dalben vorbei, bleibe aber mit meinem Baum hängen und und….der TERROR.“ Mäckdonnix klopft nun seinem Vater auf den Rücken und sagt leise „Ist gut Vater“.
Etwas abseits steht Borus Hermanus und grübelt in sich hinein. „Wie soll ich das jetzt dem Stammeshäuptling der Monegassen verklickern? Die Yacht war doch ganz neu und hat ihn tausende Sesterzen gekostet. Ich sollte doch beim großen genus navium unter seiner Flagge den Sieg erringen.“, murmelt er vor sich hin.
Erst als er sich umschaut, merkt Borus Hermanus, dass alle Augen auf ihn gerichtet sind. Pfeiffix unterbricht die Stille, krallt sich Borus Hermanus unter den Arm und verkündet: „Mach dir keine Sorgen. Das ist ein Job für das Kompetenzkonsortium! Wir lösen noch jeden Fall. Hier ist unsere Karte.“; Pfeiffix hält dem etwas verdutzten Römer ein altes Stück Holz unter die Nase. „Pfeiffix, ein Häuptling für alle Fälle, sogar für den Ablativ…und sein Team ist auch dabei“ , ist darauf in krakeliger Schrift zu lesen. „Ich kann vom Boden einer Schlangenschnapsflasche die Zukunft voraussagen“, wirft sich Pfeiffix in die Brust und führt den noch immer verwirrten Borus Hermanus zu seinem Zelt.
Schwarzer Rauch steigt über dem Zelt des Häuptlings auf. Das geschulte Auge erkennt sofort: Das Kompetenzkonsortium tagt! Es ist strenge Tradition in der Segelschule, das während des Kompetenzkonsortiums alle Arbeit ruhen muss – auch das ein Grund dafür, dass hier alles immer etwas länger dauert. Erst wenn weißer Rauch aufsteigt – das Signal dafür, dass eine Entscheidung gefällt wurde – dürfen alle wieder ihre Arbeit aufnehmen. „Das wird nichts..“, klärt Swannix den hispanischen Neuzugang Tauchos auf, „nimm dir n Bier, lass mal jetzt erstmal Flanken gehen“; Swannix greift nach seinem Sixer Becks Green Lemon und verschwindet in Richtung Silo. Achselzuckend läuft ihm Tauchos hinterher; dieser Ort hat seine eigenen Regeln, am Besten stellt man keine Fragen, irgendwer wird sich schon irgendwann mal irgendwas dabei gedacht haben.
Im Häuptlingszelt hat Pfeiffix mittlerweile die fünfte Flasche Schlangenschnaps in der Hand und starrt unter Aufbietung aller seiner mentalen Fähigkeit auf deren Boden. „Ich glaub, mir ist schlecht“, entfährt es dem etwas grünlichen Borus Hermanus zu seiner Linken. Ein jollitische Wahrsagestunde mit Pfeiffix Schlangenschnaps ist nichts für jeden. Das Protokoll erfordert, dass jeder die ihm individuell vom Häuptling zugewiesene Anzahl an Schlücken in einem Zug und ohne zu jammern runterschluckt. „Du fünf..du siebendundreißig..du ähm.. einen“, Pfeiffix eröffnet die sechste Runde und zeigt wahllos im Raum herum. Mopedix versucht, sich mit einem Hechtsprung in Sicherheit zu bringen und bringt dabei Pilotix zu Fall. Aus dem Holzboot in der Ecke lugt Holzix Kopf, er wollte das Boot eigentlich heute zu Wasser lassen, doch der Schlangenschnaps hat ihn bis auf Weiteres außer Gefecht gesetzt.
„Wir.. wir brauchen unbedingt einen Plan.“, stellt Pfeiffix nach langem Nachdenken fest, „Der Dalben muss auf jeden Fall bleiben“. Er steht schwankend auf, um eine Rede zu halten, doch stolpert dabei über Baunix, der schnarchend zu seinen Füßen liegt. Pfeiffix fällt daneben und entscheidet spontan, dass es hier auf dem Boden eigentlich doch ganz gemütlich ist. Ihm entfährt noch ein „Hat Borus Hermanus eigentlich schon die Anmeldekarte ausgefüllt?,“ da übermannt ihn der Schlangenschnaps.
Am nächsten Morgen findet Contenderella das Kompetenzkonsortium in altgewohntem Zustand vor. Sie stellt einen großen Pott Kaffee auf den Tisch und sucht schon mal nach dem Kraut für den weißen Rauch. Als das Kompetenzkonsortium langsam zum Leben erwacht, dreht sie sich zu dem auf dem Boden liegenden Borus Hermanus um: „Für einen Sieg beim genus navium würdest du doch eine Menge Sesterzen bekommen, oder?“. „Ja, klar,“, kommt es von dem noch etwas langsamen Borus zurück, „dafür bräuchte ich aber auch ein Boot und das hab ich ja leider nicht.“ „Wie wäre es denn, wenn wir dir ein neues Boot bauen und du dann für uns das genus navium gewinnst?“, schlägt Contenderella vor, „dann hätten wir genug Geld, einen neuen Dalben zu bauen.“. „Jaaa, das könnte funktionieren,“ Borus Hermanus wacht angesichts dieser Nachricht aus seinem Delirium auf. Er will gerade noch weiter ausholen, wird aber von Pfeiffix unterbrochen: „Jawoll, so machen wir das! Lasst den weißen Rauch aufsteigen, das Kompetenzkonsortium hat einen neuen Paps..ääh..ich meine Plan!“. Gesagt, getan. Kaum steigt der Rauch auf, ist die ganze Segelschule auf den Beinen. Schnell sind alle informiert und machen sich an die Arbeit.
Das Tor der Bootshalle wird aufgerissen und ein großes Hämmern und Schrauben erhebt sich über die Segelschule. Die Jollis sind außer sich vor Tatendrang:
Kritisch schaut Filetix auf die Baupläne vor sich. Auf der Zeichnung sieht man einen Katamaran, an dessen Heck sich ein überdimensionierter Grill befindet. „Das wird der Wörner“; er nickt zufrieden.
Fixix steht mit einem Miniaturmodell vor Kartentrix, Theatralix und Hobbix. Die anderen kratzen sich verwundert am Kopf. „Und.. du willst uns sagen, dass das Boot kein Segel haben soll?“; Hobbix hat die Arme vor seiner Brust verschränkt und schaut Fixix fragend an. Der antwortet mit einem leicht überlegenen Lächeln: „Das Segel ist unter dem Wasser“ und tippt sich bedeutsam mit dem Finger gegen die Stirn. Kartentrix wendet sich kopfschüttelnd ab und zieht langsam seine Diabolostäbe aus der Tasche.
Etwas abseits der Halle steht ein kleines Grüppchen und diskutiert hitzig. „Wie wäre es mit einem Boot mit zwei Rümpfen“, wirft Katamaranix enthusiastisch in die Runde – er wünscht sich schon lange einen neuen fahrbaren Untersatz. „Totaler Schwachsinn“, fällt ihm Piratix ins Wort. Er will grade zu einer Lobrede über seine Dora ansetzen, wird aber seinerseits unterbrochen: „Ein Boot, das waagerecht gegen den Wind fahren kann“, schlägt jemand vor; „oder ein Boot mit ganz vielen kleinen Segeln“, kommt es von einer anderen. „Ein Boot, das immer rückwärts fährt“, „ein Boot, das nur auf Backbordbug fahren kann – dann muss man nicht ständig Manöver fahren“; die Vorschläge überschlagen sich. Entsetzt schlägt Piratix die Hände über dem Kopf zusammen. Diese Konzepte sind ihm dann doch etwas zu modern. Er steckt sich eine Selbstgedrehte an, dreht sich um zu seiner Dora und murmelt in sich hinein: „Die sind doch alle komplett bescheuert hier.. vollkommen an der Tonne vorbei, segeln die doch... deswegen sind die auch nicht in der EU“. Kurz tritt Stille ein, einige schauen Piratix hinterher. „Ich hab’s“, ruft plötzlich eine Stimme aus dem Off: „Wir machen einfach ein Boot ohne Rumpf – `nen Nullrumpfer! Der hat weniger Wasserwiderstand“.
Mopedix baut zufrieden an seinem Gyrokopterboot. Oben an der Mastspitze ist ein großer Propeller befestigt, mit dem das Boot leichter über die Welle kommen soll. „Das hat sogar ´ne Korn-Slushee-Maschine an Bord“, erklärt er stolz Schraubnix und Softix, die neben ihm stehen.
Familie Flottix hat sich ein besonders verwegenes Design ausgedacht: Inspiriert von der modernen Foil-Technik haben sie sich dafür entschieden, den Rest des Bootes einfach wegzulassen. Pollerix steht stolz vor einem riesigen Foil mit drangeflanschtem Mast und Segel: „Das geht ab wie Schmitz`Katze“, stellt er stolz gegenüber seiner Frau Camperella fest.
Das Boot von Nuschella, Vegania und Physionella ist von ihren Erfahrungen aus dem Opti-Kurs inspiriert: Ein Luxus-Opti mit Kochnische und Kajüte – allerdings bei gleicher Größe; O-Ton Nuschella: „Das braucht jetzt eigentlich nur noch eine Duschtsche“.
Strickschnella häkelt ein riesiges Spi, während Kika und CumLaudix versuchen, Outrigger an einen Laser zu bauen.
Mit tatkräftiger Unterstützung von Taxfix, Weinix und Mähnix, bauen Instarella mit ihr Sohn Praktikantix an einem ganz besonderen Konzept: Winzig kleine Boote, die man an den Füßen tragen kann. „Da kriegt der Begriff ‚Bootsschuh‘ eine ganz neue Bedeutung,“ witzelt Knotix, der danebensteht. „Ich würd das ja gern posten“, Instarella holt grade ihr Handy raus, „Praktikantix, kannst du mir gleich nochmal zeigen, wie diese Sonderfunktion mit der Uhrzeit funktioniert?“.
Pfeiffix läuft durch die Segelschule und schaut dem Treiben zufrieden zu. „Es gibt keine falschen Vorschläge“, ruft er seinen Jollis zu, „Denkverbote sind für Landratten und Leute, die die Klopapierrolle so aufhängen, dass man das Klopapier immer von hinten rausfriemeln muss“. Von seinen eigenen Worten angespornt, powerwalkt er weiter über das Gelände. Als er Katamaranix dabei zusieht, wie der versucht, ein Boot mit einem Kite-Schirm zu bauen und nur von Klatix davon abgehalten wird, sich die Sicherungsleine um den Hals zu legen, wird er etwas nachdenklich. „Vielleicht wäre das ein oder andere Denkverbot doch gar nicht so schlecht“, grübelt er in sich hinein, „vielleicht entwickle ich sicherheitshalber auch noch mein eigenes Boot.“.
Pfeiffix ruft Zeichentrix zu sich, die mittlerweile für jedes noch so sinnfreie Zeichenprojekt angefragt wird (seitdem HelliHansix neulich eine „tolle“ Idee für die Website hatte, ist sie seit zwei Wochen damit beschäftigt, Segelschul-Bennewitz-NFTs zu malen; O-Ton Helli-Hansix: „Das wird DER Gamechanger; damit können wir mega krass skalieren“). Nachdem ihr Pfeiffix sehr genau beschrieben hat, wie er sich das perfekte Boot vorstellt, macht sie sich ans Werk und zeichnet ein genaues Modell. Als sie fertig ist, betrachtet Pfeiffix ihre Zeichnung sehr lange. „Das hab ich irgendwo schon mal gesehen“; Pfeiffix kratzt sich am Kinn und nippt an seinem Zaubertrank, „ich weiß nur nicht wo“. Zeichentrix schaut ihn etwas entgeistert an, traut sich aber nicht, dem Chef das Offensichtliche kundzutun. „Geh mal zu Schraubnix und sag ihm, dass er mir genau so ein Boot bauen soll“; Pfeiffix entscheidet, sich einfach eisern an sein Motto („Alles wegdelegieren, was nicht bei drei auf dem Baum ist“) zu halten und macht sich eine Flasche Schlangenschnaps auf. „Ist klar Chef“, kommt es nur zurück und Zeichentrix macht sich auf den Weg, ein recht kurzes Gespräch mit Schraubnix zu führen.
Derweil wird überall in der Segelschule geschraubt, gehämmert, geflucht und Unmengen an Zaubertrank getrunken. Die Jollis können es gar nicht erwarten, ihre Modelle Borus Hermanus vorzuführen; insgeheim hoffen alle, dass ihr Design gewinnen wird.
Dann, endlich, ist der große Tag gekommen. Ein lautes „Kaffee ist duuuurch“ hallt über den Platz, der traditionelle Sonnengruß der Jollis. Alle versammeln sich am Stegkopf, bereit ihre Modelle zu präsentieren. Pfeiffix und Borus Hermanus sitzen auf einer selbstgebauten Empore auf der Opti-Insel und halten Bewertungsbögen in der Hand. „Wir bewerten die Boote anhand von 185 verschiedenen Kriterien“, klärt Pfeiffix die Gruppe auf, „sobald euer Modell eines dieser Kriterien nicht erfüllt, ist es raus!“. Betretenes Schweigen, mit so einer strengen Bewertung hat hier niemand gerechnet. „Haha, kleiner Spaß,“ Pfeiffix grinst seine Jollis an, „es sind nur 184 Kriterien. Da hab ich mir einen kleinen Benne-Witz erlaubt.“. Keine Reaktion – bis auf schallendes Gelächter aus der letzten Reihe, anscheinend wurde Gelächterix heute noch nicht am Mast aufgehängt. „Ääh.. naja.. jetzt geht es jedenfalls los“, überspielt Pfeiffix die Situation gekonnt und gibt Katamaranix und HelliHansix einen unauffälligen Wink, woraufhin beide routiniert Leine und Knebel herausholen und sich langsam Richtung letzte Reihe bewegen.
Einer nach dem anderen stellen die Jollis ihre Boote vor. Jedes einzelne Design wird einer minutiösen Prüfung unterzogen. Einige, wie etwa das Modell „U-Boot“ oder „Nur-Rücktwärts“ scheiden erwartbar ziemlich schnell aus. Andere hingegen halten überraschen lange durch (O-Ton Borus Hermanus: „Diesen Nullrumpfer find ich irgendwie ganz sexy“). Gegen Ende ist jedoch fast jedes Boot an der ein oder anderen Pingeligkeit der Jury gescheitert. Einige Modelle sind zu groß (Modell Wörner), andere zu extrem (Modell Foil) oder zu „uncool“ (Modell Segel unter Wasser). Bei letzterer Kategorie ist nicht ganz klar, aus welchen seglerischen Aspekten sie sich zusammensetzt aber wenn der Chef sagt, dass dein Boot uncool ist, ist halt auch schwierig. Als dann auch das Modell „Nur Backbordbug“ nicht durch die Wende kommt und als Letztes ausscheidet, macht sich langsam Ernüchterung breit. Etwas ratlos steht eine Traube Jollis am Steg, die meisten sind mittlerweile schon in Richtung Küche gezogen, um sich von Maggifix bekochen zu lassen und langsam dämmert auch der Jury, dass heute womöglich keine Entscheidung mehr getroffen werden könnte. Pfeiffix kratzt sich am Kopf; „Hatte ich nicht auch noch..? Wo ist denn eigentlich mein..? Zeichentrix! Schraubnix!“, er ruft die beiden zu sich. „Wo ist denn das Boot, dass ich bei euch in Auftrag gegeben hab?“. Die beiden schauen sich lange an. „Naja.. also die Zeichnung die du wolltest.. da war einfach nur ´n Menhir drauf,“ stellt Schraubnix nach einer Weile fest, „so ´n Ding jetzt nochmal zu bauen, fand ich jetzt nicht unbedingt zielführend, wenn die hier überall rumstehen“.
Verwundert reibt sich Pfeiffix die Augen. Erst als ihm Zeichentrix die Zeichnung nochmal unter die Augen hält, wird ihm klar, dass Schraubnix Recht hat. Die Zeichnung ist sogar überraschend präzise, jedes Detail stimmt mit den vor ihm liegenden Menhiren überein. „Tjoaa… hmm..weiß ich jetzt auch nicht..“; jetzt ist sogar Pfeiffix mit seinem Latein am Ende.
Doch zum Glück ist da noch Borus Hermanus, der sich sehr interessiert über die Zeichnung beugt und dann anfängt zwischen Menhir und Zeichnung hin- und her zu schauen. „Tolles Handling.. hier könnte ich noch die J-0 drantüdeln…aus der Hand fahren ist eh viel geiler als der Scheiß Coffee Grinder.“, von dem Römer sind nur noch Gedankenfetzen zu vernehmen. Die anderen versuchen, seinen Ausführungen zu folgen. „Darf ich kurz?“ – ohne eine Antwort abzuwarten springt Borus Hermanus ins Boot und legt ab.
Die Jollis sitzen auf den Bänken vor der Segelschule und schauen zu, wie Borus Hermanus schon seit Stunden auf dem Menhir durch die bennewitz´sche Bucht saust. „Der muss die Fock in der Wende noch länger stehen lassen“, „Nee, der muss besser Gewicht trimmen“ – wenn es ums Menhirsegeln geht, ist hier jeder Experte. Als Borus Hermanus endlich anlegt, steht die gesamte Segelschule bereits am Steg, um ihn zu empfangen. „Schickes Teil, dass ihr da habt“, ruft ihnen Borus zufrieden entgegen, „den nehm ich!“. Kurz muss die Information sacken, dann bricht donnernder Jubel aus. Zwar haben jetzt alle – bis vielleicht auf Pfeiffix – verloren, aber gegen einen Menhir zu verlieren zählt hier eher als Auszeichnung. „Jetzt gibt´s erstmal ne geile Party!“, Kartentrix zaubert aus dem Nichts einen riesigen Topf Zaubertrank her.
Die Segelschule wird wie üblich für die nun anstehenden Festlichkeiten geschmückt. Mähnix mäht sogar sicherheitshalber nochmal schnell das Gras. Langsam versammeln sich alle um den Grill und schnell schwanken die ersten Jollis über das Gelände. Während die Sonne langsam im Ozean versinkt, kann man in weiter Entfernung noch einen kleinen Punkt am Horizont erkennen: Borus Hermanus steuert mit seinem neuen Menhir dem nächsten Abenteuer entgegen.
Vorläufige Personenliste:
1. Analogix - Fabian
2. Astralla - Astrid
3. Baggerix – Moritz
4. Baunix – Krischi (?)[NK2]
5. BMW-Tix – Flo Kunz (?)[NK3]
6. Boris Hermanus -Boris Hermann
7. Cabrionella - Toni
8. Camperella – Mareike (?)(Ehefrau von Poller)
9. Chillischotix - Ole
10. Contenderella- Konstanze
11. Cum laudix -
12. Dietrix - Dieter
13. Entrecotix - Henning
14. Eros Ramazotti (der Sänger)
15. Faltbotix- Thomas H
16. Filetix - Dennis
17. Fixix - Klaas
18. Gelächterix - Klausi
19. Hauptschulix – Jan Becker
20. Helli Hansix - Nikki
21. Hobbix - Hobbit
22. Holzix – Lothar
23. Instarella - Laura Eckstein
24. Kannjagarnix
25. Kartentrix - Jannis
26. Katamaranix – Jan K
27. Kika - Solveig
28. Klatix - Klarissa
29. Knotix - Sören
30. Lautix – Jan Leisse
31. Leopardella - Lucia
32. Mäckdonnix – Jan Haferkamp
33. Mähnix – Heiko
34. Maggifix – Ulf
35. Mopedix – Bollo
36. Motorella - Ulli
37. Nuschella - Laura
38. Partymaschinix - Misch
39. Pollerix – Poller
40. Pfeiffix - Ralph
41. Pharmakologia – Tine (?) (Ehefrau von Henning)
42. Physionella – Katharina (?)[NK4]
43. Pilotix – Holger
44. Piratix - Nils
45. Praktikantnix – Max Eckstein
46. Schraubnix - Maddel
47. Softix - Hardi
48. Stricknella – Maike
49. Swannix – Linus
50. Taxfix – Tanja (?)[NK5]
51. Tanknix - Till
52. Tauchos – Gabino
53. Theatralix – Jona
54. Vegania – Melissa
55. Wachtmeisterix - Lorenz
56. Weinix – Ronni
57. Zeichentrix – Dascha
[NK1]Umschreiben: Pfeiffix kommt mit dem Crescent angefahren und sagt „Das sieht aber nicht gut aus. Joa is n Boot ´ne. Mach Licht aus, morgen ist es weg“
[NK2]arbeitet auf dem Bau?
[NK3]fährt einen BMW
[NK4]arbeitet als Physiptherapeutin
[NK5]Arbeitet mit Steuern
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